An die Bienen

[119] Wollt ihr wissen, holde Bienen,

Die ihr süße Beute liebt,

Wo es mehr, als hier im Grünen,

Honigreiche Blumen gibt?

Statt die tausend auszunippen,

Die euch Florens Milde beut,

Saugt aus Amaryllis Lippen

Aller tausend Süßigkeit.


Florens schöne Kinder rötet

Nur der Frühlingssonne Licht:

Amaryllis Blumen tötet

Auch der strenge Winter nicht.

Jener ausgeleerte Hülle

Wird nicht wieder angefüllt:

Aber nie versiegt die Fülle,

Die aus diesem Kelche quillt.


Eins, nur Eins sei euch geklaget!

Eh' ihr auf dies Purpurrot

Eure seidnen Flügel waget,

Hört, ihr Lieben, was euch droht!

Ach, ein heißer Kuß hat neulich

Die Gefahr mir kund gemacht.

Nehmt die Flügel, warn' ich treulich,

Ja vor dieser Glut in acht!


Quelle:
Bürgers Gedichte in zwei Teilen. Teil 1: Gedichte 1789. Berlin, Leipzig, Wien, Stuttgart 21914, S. 119.
Lizenz:
Kategorien:
Ausgewählte Ausgaben von
Gedichte (Ausgabe 1789)
Die schönsten Liebesgedichte (insel taschenbuch)
Gedichte: Ausgabe 1789