Auferstehungs-Gesang
Auf auf, mein Herz, mit Freuden nimm wahr, was heut geschicht

[76] 1.

Auf auf, mein Herz, mit Freuden

Nimm wahr, was heut geschicht!

Wie kommt nach großem Leiden

Nun ein so großes Licht![76]

Mein Heiland war gelegt

Da, wo man uns hinträgt,

Wenn von uns unser Geist

Gen Himmel ist gereist.


2.

Er war ins Grab gesenket,

Der Feind trieb groß Geschrei.

Eh ers vermeint und denket,

Ist Christus wieder frei

Und ruft Victoria!

Schwingt fröhlich hie und da

Sein Fähnlein als ein Held,

Der Feld und Mut behält.


3.

Der Held steht auf dem Grabe

Und sieht sich munter um,

Der Feind liegt und legt abe

Gift, Gall und Ungestüm,

Er wirft zu Christi Fuß

Sein Höllenreich und muß

Selbst in des Siegers Band

Ergeben Fuß und Hand.


4.

Das ist mir anzuschauen

Ein rechtes Freudenspiel,

Nun soll mir nicht mehr grauen

Vor allem, was mir will

Entnehmen meinen Mut

Zusamt dem edlen Gut,

So mir durch Jesum Christ

Aus Lieb erworben ist.


5.

Die Höll und ihre Rotten,

Die krümmen mir kein Haar,

Der Sünden kann ich spotten,[77]

Bleib allzeit ohn Gefahr.

Der Tod mit seiner Macht

Wird nichts bei mir geacht't,

Er bleibt ein totes Bild,

Und wär er noch so wild.


6.

Die Welt ist mir ein Lachen

Mit ihrem großen Zorn,

Sie zürnt und kann nichts machen,

All Arbeit ist verlorn.

Die Trübsal trübt mir nicht

Mein Herz und Angesicht,

Das Unglück ist mein Glück,

Die Nacht mein Sonnenblick.


7.

Ich hang und bleib auch hangen

An Christo als ein Glied,

Wo mein Haupt durch ist gangen,

Da nimmt er mich auch mit.

Er reißet durch den Tod,

Durch Welt, durch Sünd, durch Not,

Er reißet durch die Höll:

Ich bin stets sein Gesell.


8.

Er dringt zum Saal der Ehren,

Ich folg ihm immer nach

Und darf mich gar nicht kehren

An einzig Ungemach.

Es tobe, was da kann,

Mein Haupt nimmt sich mein an,

Mein Heiland ist mein Schild,

Der alles Toben stillt.


9.

Er bringt mich an die Pforten,

Die in den Himmel führt,[78]

Daran mit güldnen Worten

Der Reim gelesen wird:

Wer dort wird mit verhöhnt,

Wird hier auch mit gekrönt,

Wer dort mit sterben geht,

Wird hier auch mit erhöht.

Quelle:
Paul Gerhardt: Dichtungen und Schriften, München 1957, S. 76-79.
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