Die Abendmahlzeit auf dem Lande,

an Herrn Geheimen Rath Buchholz

[129] (Den 16ten des Heumonats 1761.)


Freund, nicht in fürstlichen Sälen

Bey dem glatsteinigten Tisch,

Bedeckt mit köstlicher Leinwand,

Wohnt das Vergnügen allein!


Auch im kleinräumichten Hause,

Gebaut nach ländlicher Art,

Auf schlechtem reinlichem Zwillich,

Mit Einer Schüssel besetzt,


Schmeckt dem nicht wählenden Gaumen,

Die ungekünstelte Kost:

Und vom Luftschöpfen getrocknet,

Schmeckt ihm vierjähriger Wein.
[130]

Komm! deine liebende Freundin

Winkt mit gefälligem Blick,

Dich zum bescheidenen Gastmahl!

Dein warten Fische, die noch


Froh der mittäglichen Sonne

Im Strom entgegen gescherzt,

Und dann vom löchrichten Hame,

Des lauschenden Fischers berückt


Herauf gezogen, vergebens

Dem Tod entgegen gesträubt!

Sie starben unter dem Messer

Der hurtigen Köchin dahin.


Sie sind uns niedliche Bissen!

Ihr Salz erwecket den Durst,

Wir leeren alle die Gläser,

Und sagen Wünsche vorher,
[131]

Mit patriotischer Inbrunst.

So rief der Sänger Horaz,

Nie das Verlangen der Römer,

Den weit entfernten August;


Als wir den kriegenden König.

Ihn trägt das muthige Roß;

Der Staub bedecket die Stirne,

Die zweene Cronen verdient.


Sie spricht Befehle der Feldschlacht.

Er schlägt mit rächendem Schwerd,

Siegt dreymahl, ehe die Linde

Die kranken Blätter verliert!


Um Frieden bitten die Feinde,

Und aus halb göttlicher Hand

Giebt er die grosse Versöhnung,

Und baut, was Feinde zerstöhrt.

Quelle:
Anna Louisa Karsch: Auserlesene Gedichte, Berlin 1764, S. 129-132.
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