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[264] Daß ich nicht ein jedes Atom von Wein

In einer Flut von Blödigkeiten büße,

Schenke mir das perlende Gold vom Rhein

Unvermischt in seiner starken Süße!


Deine Augen laß frei von Tränen sein,

Daß die lieblichen Strahlen nicht versiegen!

Weich genug droht schon der bläuliche Schein

Wie ein zartes Traumbild zu verfliegen.


Frühlingstage, Stunden der Seligkeit,

Wie sie linde in unsre Seelen rinnen! –

Und wir sollten die köstliche Neige Zeit

Mit dem Gedanken der Ewigkeit verdünnen?


Quelle:
Gottfried Keller: Sämtliche Werke in acht Bänden, Band 1, Berlin 1958–1961, S. 264-265.
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