Lerchen schmettern mir den Morgengruß

[49] Lerchen schmettern mir den Morgengruß,

und die laue Luft ist voll Gesang –

und voll Hoffnung setz ich meinen Fuß

schnell ins Feld. – Aber über mir bang

schwirrt ein Ton,

wie von Menschennot und Menschenqual –

wie von Menschenwerk um Brot und Lohn,

und es hämmert, klagt und klirrt wie Stahl.

Und mir ist, als summte in mein Ohr

wüste Hast und wirres Menschgetriebe,

und dazwischen klingt's ganz leise vor

wie ein ferner, ferner Gruß der Liebe. –

Ob ich ihrem Anblick auch entwich,

nimmer flieh ich Menschenwort und -tat ...

Meinen ganzen Weg begleitet mich

tönend dieser Telegraphendraht.


Quelle:
Erich Mühsam: Ausgewählte Werke, Bd.1: Gedichte. Prosa. Stücke, Berlin 1978, S. 49.
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