Füllet Wein in goldne Schalen

[30] Füllet Wein in goldne Schalen,

daß die angstgescheuchten Seelen

wieder warmes Leben fühlen.

Schreckt sie auf aus ihren Qualen,

peitscht sie auf aus ihren Höhlen,

laßt sie Wein hinunterspülen

und laßt nicht die Speise fehlen.

Seht, da hockt's in dumpfen Schulen

unter Flüchen, Lärmen, Grölen,

unter Wimmern, Winseln, Heulen,

wälzt sich mit verkommnen Buhlen.

Hebt die Menschen auf, die fielen!

Ruft zu Taten auf die Faulen!

Schlagt hinein mit harten Keulen!

Laßt sie staunen, wenn sie maulen!

Ihre Wunden laßt verheilen!

Führt sie fort zu euern Zielen!

Laßt verstummen, die da johlen!

Macht sie froh wie muntre Fohlen,

die man freiließ von den Seilen!


Quelle:
Erich Mühsam: Ausgewählte Werke, Bd.1: Gedichte. Prosa. Stücke, Berlin 1978, S. 30.
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