38. Von einem Diener / der eine Uhr zerbrach /in Meynung / es wäre eine Mauß.

[139] Wir wollen die Erzehlung so vieler unnatürlichen Thaten verlassen / lasset uns diese Tiberios, diese Nerones, diese Domitianos, diese Feinde des menschlichen Geschlechtes und der Tugendliebenden fliehen: Lasset uns die losen Leute verfluchen / die ihre Herren umbringen /[139] oder ihnen nicht gehorchen wollen; Lasset uns mit einer lächerlichen Geschichte aufhören / welche die Melancholey und die Nebel verjagen kan / die unser Gemüth einnehmen / wann wir so viel abscheuliche Unglück bedencken.

Ein Edelmann hatte einen Knecht in Dienste aufgenommen / der bewiese durch folgende Action seine Einfalt / oder vielmehr seine Dölpeley. Sein Herr legte sich einsten auf das Bett / und befahle ihm / er solte seine Kleider auskehren. Er truge sie in eine andere Kammer / und hörte ein Geräusch / welches die Uhr thate / welche auf Minuten zeigte / er hielte sie an sein Ohr / und glaubte festiglich / es müste eine Mauß darinn verborgen seyn. Als er sich den andern Tag aus dem Bett aufmachte / und das Geräusch nach hörte /sagte er bey sich selbst / ich will dich schon erdappen / du Rabenas / nahme einen Stecken und schluge die Uhr damit in tausend Stücken / in Meynung / die Mauß zu erschlagen / die sich nicht fande. Der Herr aber fande den Stecken wohl / welcher / als er sahe /daß seine Uhr hin war / striegelte er seinen Diener tapfer herumb. Endlich auf Fürbitte etlicher Herren vergab er ihm seinen Fehler / und hiesse ihn die Mauß.


ENDE.[140]

Quelle:
Parivall, J[ean] N[icolas] d[e]: Sinnreiche / kurtzweilige und Traurige Geschichte [...]. Nürnberg 1671, S. 139-141.
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