5.

[605] Götter von Alleen und Altanen,

niemals ganzgeglaubte Götter, die

altern in den gradbeschnittnen Bahnen,

höchstens angelächelte Dianen

wenn die königliche Venerie


wie ein Wind die hohen Morgen teilend

aufbrach, übereilt und übereilend – ;

höchstens angelächelte, doch nie
[605]

angeflehte Götter. Elegante

Pseudonyme, unter denen man

sich verbarg und blühte oder brannte, –

leichtgeneigte, lächelnd angewandte

Götter, die noch manchmal dann und wann


Das gewähren, was sie einst gewährten,

wenn das Blühen der entzückten Gärten

ihnen ihre kalte Haltung nimmt;

wenn sie ganz von ersten Schatten beben

und Versprechen um Versprechen geben,

alle unbegrenzt und unbestimmt.

Quelle:
Rainer Maria Rilke: Sämtliche Werke. Band 1–6, Band 1, Wiesbaden und Frankfurt a.M. 1955–1966, S. 605-606.
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