Die insel Bachi

[81] Im rosenton Hans Sachsen.


1.

Als ich das neu weltbuch durchlase,

wie vil insel durchfaren wase[81]

die neu schiffart von Portugal,

darein ich wunder ane zal

funt, gar von seltsamen refieren,

von menschen, vögel, fisch und tieren;

Zu nachts trieb mich die fantaseie

in ein schwere melancholeie,

nach zu gründen den dingen tief,

bis ich entlich darin entschlief.

do traumet mir so eigentleiche,

wie ich in Portugal dem reiche

Ausfüre auf das weite mer

in einer naue mit eim her

für manche insel groß und weite.

entlich kam wir in kurzer zeite

zu der insel Bachi mit nam

auf eim klar glaslauterem stram:

da weet Zephirus der wint,

die naue gieng stil senft und lint.


2.

Die bletter gleich den harfen klungen,

die vögel lustiklichen sungen,

das frei gewilt sprang in dem hag,

die fisch schnalzten in warmer wag;

die insel stunt voller weinreben:

in hohen freuden war wir schweben.

Kürzlich war unser freud uns bitter;

ein sturmewint und ungewitter

her durch die schwarzen wolken hal,

licht blitzen, grausam donnerstral,

die wellen an die naue schlugen,

mit kreften wir die ruder zugen.

Der stram war eitel blut und schwarz;

schlangen, kröten sach ich aufwarz

schwimmen; fledermeus und die eulen,

löwen, wölf, beren hort wir heulen;[82]

verdorrt waren reben und baum,

die vögel schwiegen in dem traum;

unser naue war schwach und kracht;

im augenblick ich auferwacht.


3.

Ich dacht: der traum vergleicht sich eben

Bacho, dem got, welcher tut geben

eßen und trinken auf das best,

macht frölich beide wirt und gest;

auch tut er allen wollust bringen

mit saitenspil, pfeifen und singen,

Mit tanzen, spil, schwenk mancher weis,

sam sei man in dem paradeis,

bis das man gar feucht wirt vom wein;

so schlegt entlich der donner drein

mit ungestüme, gleich den toren,

die zanken, schreien und rumoren.

Aus füllerei auch folgen tut

schant, laster und auch die armut,

kopfwe, krankheit aller gelider;

vernunft und sin ligen darnider,

sterk und gedechtnus sie abstürzen,

des menschen leben sie verkürzen.

doctor Freidank spricht: mer leut sterben

von füll, dan durch das schwert verderben.

Quelle:
Hans Sachs: Dichtungen. Erster Theil: Geistliche und weltliche Lieder, Leipzig 1870, S. 81-83.
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