[29] Nach der Stimme: Werde munter/ mein Gemüthe/etc.
1
Nun der güldne Sonnen-Wagen
fähret nächst der höchsten Ban/
und erleuchtet mit Behagen
den smaragden Erdenplan;
weil ihr Weg wird gleichsam krumm/
kehret sie nun wieder um:
wie der Krebs zurücke weichet/
dessen Zeichen sie bestreichet.
2
Dieses sol uns Menschen lehren/
wie nichts so erhaben sey/
das sich nicht bald solt verkehren
und beharren Wandel-frey.
Unser Thun ist Unbestand
und deß Wechsels Unterpfand:
wie wir fast in allem sehen/
was geschicht/ und was geschehen.
3
Die nun öden Felder brachen/
und sind doch nicht in der Ruh;[30]
weil sie viel geschlachter machen
die bespitzten Egenschuh.
Also muß der Menschen Fleiß
und der Arbeit saurer Schweiß
Speiß und Brot zuwegen bringen/
durch das Hacken/ Pflügen/ Düngen.
4
Durch den milden Himmels-Regen
machet Gott die Furchen weich;
das Gepflügte hat den Segen/
daß es Saam- und Früchte-reich.
Gottes Güte krönt das Jahr/
und betrieft der Bäume Haar:
also daß des Himmels Gnade
machet fett der Erden Pfade.
5
Wann deß Morgens Purpurflügel
decken dieser Auen Thal/
siehet man die grünen Hügel
voller Schaffe sonder Zahl.
Also gibt die fette Weid/
nächst der Speiß/ das Wollen-Kleid.
Ihnen wird ein Rock genommen/
der uns muß zu nutzen kommen.[32]
6
Mein Gott/ der du Joseph hütest/
(der vermehrten Kirchen Heerd)
Gott/ der du dein Volck behütest/
und hilfst dem/ der dein begehrt!
gib uns allen deine Gnad/
die noch Maß/ noch Ende hat!
Gib uns Früh- und Abendregen/
daß wir preisen deinen Segen.
7
Frölich/ frölich sey die Erde/
und der Himmel freue sich:
daß dein Nam gepreiset werde/
Feld und Berge loben dich.
Ja die Baumen in dem Wald/
von den Bächlein untermahlt/
reichen Gottes reiche Gaben/
die wir Ihm zu danken haben.
Buchempfehlung
1858 in Siegburg geboren, schreibt Adelheit Wette 1890 zum Vergnügen das Märchenspiel »Hänsel und Gretel«. Daraus entsteht die Idee, ihr Bruder, der Komponist Engelbert Humperdinck, könne einige Textstellen zu einem Singspiel für Wettes Töchter vertonen. Stattdessen entsteht eine ganze Oper, die am 23. Dezember 1893 am Weimarer Hoftheater uraufgeführt wird.
40 Seiten, 3.80 Euro
Buchempfehlung
Romantik! Das ist auch – aber eben nicht nur – eine Epoche. Wenn wir heute etwas romantisch finden oder nennen, schwingt darin die Sehnsucht und die Leidenschaft der jungen Autoren, die seit dem Ausklang des 18. Jahrhundert ihre Gefühlswelt gegen die von der Aufklärung geforderte Vernunft verteidigt haben. So sind vor 200 Jahren wundervolle Erzählungen entstanden. Sie handeln von der Suche nach einer verlorengegangenen Welt des Wunderbaren, sind melancholisch oder mythisch oder märchenhaft, jedenfalls aber romantisch - damals wie heute. Nach den erfolgreichen beiden ersten Bänden hat Michael Holzinger sieben weitere Meistererzählungen der Romantik zu einen dritten Band zusammengefasst.
456 Seiten, 16.80 Euro